Wiener Traditionsweingüter

Die Wiener Traditionsweingüter sind Mitglied beim Verein der Österreichischen Traditionsweingüter, der 1992 gegründet wurde und seither den Prozess und die Systematik der Klassifizierung von Weinberglagen erarbeitet. Zehn Weingüter aus dem Kamptal und Kremstal starteten bereits 1990 mit Überlegungen, wie man dem Konsumenten das besondere Potential von herausragenden Einzellagen besser kommunizieren könnte.

In Folge beobachteten und evaluierten sie die Ergebnisse ihrer Lagenweine, bevor sie im Jahr 2010 erstmals publizierten, welche Weinberglagen die Bezeichnung Erste Lage tragen durften. Neben der Initiatorregion Donauraum mit dem Traisental, Kamptal, Kremstal und Wagram haben sich 2018 auch die beiden Gebiete Wien und Carnuntum dem Lagenprozess angeschlossen.

Ab 2019 haben alle Wiener Winzer die Möglichkeit, Erste Lagen klassifizieren zu lassen. Dafür müssen die Kriterien eingehalten werden und es gibt einen Beobachtungszeitraum von drei Jahren. Neben den Ersten Lagen sollen mittelfristig auch Große Lagen definiert werden. Diese gesamte Arbeit versteht sich als Prozess und das langfristige Ziel ist es, die Klassifikation im Weingesetz zu verankern.

ERSTE LAGEN IN WIEN

1. Ried Falkenberg, Bisamberg
2. Ried Wiesthalen, Bisamberg
3. Ried Ulm, Nussberg
4. Ried Gollin, Nussberg
5. Ried Rosengartel, Nussberg
6. Ried Preussen, Nussberg

7. Ried Langteufel, Nussberg
8. Ried Steinberg, Grinzing
9. Ried Seidenhaus, Grinzing
10. Ried Schenkenberg, Grinzing
11. Ried Sätzen, Maurerberg
12. Ried Himmel, Maurerberg

ERSTE LAGE Klassifikationsgrundlagen

WEINGARTEN
• Hanglage, geneigt nach Süd, Ost oder West
• geologisch hochwertiger Bodenaufbau
• traditionsreiche Lage mit Geschichte

WEINQUALITÄT
• hoher Qualitätsstandard des Weines über mindestens fünf Jahre
• hochwertige Marktpräsenz über mindestens fünf Jahre
• sehr gute Bewertungen bei einschlägigen Verkostungen
• großes Ansehen bei anerkannten Sommeliers und Weinjournalisten
• erstklassiges Lagerpotenzial
• Listung auf Premiumweinkarten

ERSTE LAGE Bewertungskriterien

• Rebsorten: Wiener Gemischter Satz DAC, Grüner Veltliner, Riesling und Weissburgunder
• Erntemenge max. 4500 Liter pro Hektar
• mindestens 12 Jahre alte Rebstöcke
• selektive Ernte von Hand
• trockener Qualitätswein
• frühester Verkaufsstart im September des Folgejahres der Ernte
• Vorverkostung durch Kommission im Frühjahr (ÖTW Wien Gruppe)
• Finalverkostung durch Kommission im Sommer (unabhängige Expertengruppe, blind)

Ried Falkenberg » Die Erhabene

Vogelnamen als Riedbezeichnung lassen auf Vogelfang oder das vermehrte Vorkommen von Vögeln an diesem Ort schließen. Es kann aber auch auf eine Zucht von Falken als zusätzliche Einnahme der Grundeigentümer hindeuten.

Der Ausgangspunkt unseres lehrreichen Spaziergangs durch die Ersten Lagen Wiens befindet sich am 358 m hohen Bisamberg im Norden Wiens. Inspiriert vom Riedennamen versuchen wir am Himmel einen Falken zu erspähen.

Geologie

Der Untergrund besteht aus Wiener Sandstein mit Meeresablagerungen an der Oberfläche, die durch Erosion zu Sanden verwittert sind. Löss spielt an diesem höher gelegenen Osthang eine untergeordnete Rolle.

35 % Weissburgunder

65 % Wiener Gemischter Satz

Ried Wiesthalen » Die Blumige

Wir wandern südwärts leicht bergab und erreichen unsere zweite Station, die Ried Wiesthalen. Wir blicken über die Donau und sehen bereits unser nächstes Ziel – den Nussberg.

Vor 350.000 Jahren gelang es der Donau den Bisamberg und den Nussberg zu trennen. Bei dieser Riede senkt sich der Bisamberg nach Osten ab und es bildet sich ein talähnlicher Wiesengrund. Diese Senke gibt der Riede die Betitelung Wiesthalen.

Geologie

Wiener Sandstein als Mutterboden herrscht hier mit geschichteter Auflage von Löss vor. Der Löss wurde aus vegetationslosen Flussniederungen der Donau ausgeweht und abgelagert.

Die Riede weist einen hohen Kalkgehalt auf.

100 % Wiener Gemischter Satz

Ried Ulm » Die Großzügige

Nachdem wir die Donau mit der U-Bahn überquert haben, sind wir fit für den nächsten Aufstieg: unser Ziel ist ein ehemaliges Korallenriff, die Ried Ulm am Nussberg.

Der Name bezieht sich auf die Schenkung eines Baumgartens. Früher wurden verfaulte Bäume Ulm genannt. Am 9. Februar 1348 schenkte Albrecht Pierpaumer, Bürger zu Klosterneuburg, dem Stift seinen Baumgarten in der Giessenau beim Kahlenberg:

„… unsern Pawmgarten, den wir gekauft haben in den Olm und den tail, den dazu wir gegangen haben, der do leit in der Giezzenau gegen Chalenperge zu nechst dem alten stutenhof“.

Darüber hinaus ist Olm bzw. Ulm nach dem Stiftsarchiv von Klosterneuburg die Bezeichnung für eine große Fläche. In der Fachsprache weist Olm auf einen besonders günstigen Kalkboden hin.

Geologie

Die Riede befindet sich auf einer marinen Strandterrasse mit Wiener Sandstein im Untergrund. Oberflächlich finden sich extrem viele marine Ablagerungen, die nach Rückzug des Meeres nicht erodiert sind. Diese Lage verfügt über einen sehr hohen Kalkgehalt.

100 % Wiener Gemischter Satz

Ried Gollin » Die Fruchtbare

Nicht weit entfernt besichtigen wir die Ried Gollin. Auf der mittleren Höhenlinie des Nussbergs erfreuen wir uns an der wunderbaren Landschaft und der fantastischen Aussicht – am Rand einer Metropole.

Als „Colein am Nussberg“ ist der Name seit 1315 historisch belegt. Außerdem findet sich ein Eintrag zu einer Übergabe eines Viertels Weingarten vom 7. Juni 1330, „der do leit am Nuzperge zenaehst der nunnen Weingarten von Tiernstein und stosset oben auf den Weingarten, der da haisset der Golein“. Gallen – mundartlich Golin ausgesprochen – sind eine nicht mehr gebräuchliche Benennung für Feuchtigkeit. Somit werden die Reben optimal mit Wasser versorgt.

Geologie

Die Riede befindet sich auf einer marinen Strandterrasse mit Wiener Sandstein im Untergrund. Oberflächlich finden sich extrem viele marine Ablagerungen, die nach Rückzug des Meeres nicht erodiert sind. Diese Lage verfügt über einen sehr hohen Kalkgehalt.

100 % Wiener Gemischter Satz

Ried Rosengartel » Die Duftende

In der Mitte des 332 Meter hohen Nussbergs – mit seinem atemberaubenden Ausblick auf Wien und die Donau – treffen wir bei der Ried Rosengartel ein.

Die Ried Rosengartel wird als Filetstück des Nussbergs bezeichnet. Sie spielte bereits in der österreichisch-ungarischen Monarchie eine herausragende Rolle. Erstmals scheint am 21. Oktober 1365 eine Eintragung auf, in der die Stiftung eines halben Jochs Weingarten, „gelegen an dem Nuzperg und haisst das Rosengertl“, dokumentiert ist.

Geologie

Der kalkhaltige Sandstein mit Muttergestein erstreckt sich bis knapp an die Oberfläche. Er enthält große Mengen an verwitterten Kalksanden, die durch die Erosion von Meeresablagerungen entstanden sind. Neben einem großen Kalkanteil zeichnet sich der Boden auch durch einen hohen Quarzgehalt aus.

51% Riesling

49 % Wiener Gemischter Satz

Ried Preussen » Die Königliche

Wir wandern weiter Richtung Westen und entfernen uns etwas von der schimmernden Donau. Dort erstreckt sich die Ried Preussen.

Der Namensgeber dieser Ried ist der Königliche Rat Heinrich Preussel, der von den Jahren 1277 bis 1288 das Urfar von Nussdorf als Lehen besaß. Das urfar (althochdeutsch) oder urvär (neuhochdeutsch) ist ein Landeplatz für Schiffe und Boote. Es bezeichnet aber auch das Fährrecht für eine Stelle am Ufer, an der man an- oder überfährt. Das Urfar in Nussdorf wird im 11. Jahrhundert das erste Mal erwähnt und war ein sehr wertvoller Besitz.

Geologie

Der kalkhaltige Sandstein mit Muttergestein reicht bis knapp an die Oberfläche und er ist wenig mit marinen Sedimenten durchsetzt. Prägend wirken die hohen Quarzanteile des Sandsteines bei geringerem Kalkgehalt.

3% Grüner Veltliner

60% Riesling

37 % Wiener Gemischter Satz

Ried Langteufel » Die Anspruchsvolle

Unser Spaziergang führt uns weiter zum westlichen Abschluss des Nussberges zur Ried Langteufel, deren Bezeichnung uns besonders interessiert.

Die Bezeichnung leitet sich von der Grundstücksform ab: Die Ried Langteufel ist eine große, nach Süden hin keilförmige Ried. Man erzählt sich, dass die Länge des Weingartens bei der Bewirtschaftung schon immer sehr viel Mühe machte. So fluchten die Hauer: „Teufel, ist der lang“. In den Aufzeichnungen gibt es einen Eintrag vom 28. November 1384 über den Verkauf eines „1/8 des Weingartens, genannt der Langtewel, gelegen am nusperg“

Geologie

Der untere Teil besteht wie die Riede Preussen aus kalkhaltigem Sandstein mit einem hohen Quarzanteil. Der obere Bereich zeichnet sich hingegen durch einen deutlich größeren Anteil an Meeresablagerungen und dadurch einem höheren Kalkgehalt aus.

100 % Wiener Gemischter Satz

Ried Steinberg » Die Ursprüngliche

Nach einer kurzen Rast marschieren wir weiter an das obere Ende von Grinzing und treffen etwa 500 Meter südwestlich des Nussbergs auf die Ried Steinberg.

Die Riede verdankt ihren Namen einem nahegelegenen Steinbruch. Sie scheint im Franziszeischen Kataster auf und ist auch in den Grundbüchern eingetragen. Historisch betrachtet wurde sie am 5. April 1340 erstmals genannt und vom Oktober 1391 findet sich eine Aufzeichnung über den Verkauf eines Weingartens „ze Grintzingen an dem Stainperge“.

Geologie

Den Untergrund bildet die Wiener Sandsteinzone mit geringem Kalkanteil. Oberflächlich ist sie stark durch Meeresbewegungen geformt. Die zahlreichen Meeresablagerungen veränderten den Boden geologisch und verursachen einen hohen Kalkgehalt.

42% Riesling

58% Wiener Gemischter Satz

Ried Seidenhaus » Die Exklusive

Und wir ziehen weiter westlich und erreichen die höchstgelegene Lage Wiens – die Ried Seidenhaus. Wir genießen eine frische Brise, die vom Wienerwald zu uns herüberzieht.

Die Ried Seidenhaus liegt südlich des Gutes Cobenzl auf dem Reisenberg und gehörte zur Schlossanlage Cobenzl. Dort tafelten die Gäste in einem exklusiven Teil des Schlossrestaurants, dessen Wände Seidentapeten zierten – daher der Name. Diese vergleichsweise junge Bezeichnung für die Weinriede scheint erstmals 1997 in der Riedenkarte auf.

Geologie

Die Riede ist Teil der alpinen Flyschzone, in der dunkle und quarzitische Sandsteine von Mergel und Schiefertonen begleitet werden. Ursprünglich war es ein Tiefseesediment, das durch Auffaltung ein Teil der Alpen wurde. Der Boden verfügt über keine marinen Sedimentationen, daher weist er wenig Kalk auf.

100% Weissburgunder

Ried Schenkenberg » Die Vollmundige

Der letzte Zwischenstopp im 19. Bezirk, der wohl bekanntesten Weingegend Wiens, ist die Ried Schenkenberg.

Wahrscheinlich beruht die Riedenbezeichnung auf dem Besitz einer Mundschenkenfamilie: Die Kuenringer, die auch in dieser Gegend Besitzungen hatten, waren „Oberste Schenken“. Der Schenk (althochdeutsch skenco) leitet sich von schenken (althochdeutsch skenken) in der Bedeutung von einschenken ab.

Geologie

Hier herrscht die Wiener Sandsteinzone mit kalkhaltigen Quarzsandsteinen und einem geringen Grad an marinen Ablagerungen vor. Die Böden sind deutlich alkalischer als die höheren Lagen.

100% Weissburgunder

Ried Sätzen » Die Junggebliebene

Unsere Route führt uns mit öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch die Großstadt Wien bis zur südlichen Stadtgrenze. In der Abendstimmung genießen wir das stark pannonisch beeinflusste, angenehme Klima.

Das Mikroklima in dieser Lage ist einzigartig: Hier gibt es viele Sonnenstunden, kühle Temperaturen in der Nacht und Feuchtigkeit vom benachbarten Wienerwald. Die Bezeichnungen „Satz“, wie „in den Sätzen“, oder „Neusatz“ beziehen sich auf neuausgesetzte Weingärten.

Geologie

In dieser Region stößt eine Zunge der Kalkalpen ins Wiener Stadtgebiet. Daher ist die Lage durch die Kalkalpen sowie den Dolomit geprägt und extrem kalkreich. Hier finden sich intensive Einlagerungen von Mergel und an der Oberfläche der marinen Strandterrassen Meeresablagerungen.

43% Riesling

57% Wiener Gemischter Satz

Ried Himmel » Die Himmlische

Zum Abschluss wandern wir noch einmal bergauf zur Ried Himmel. Hier fühlen wir uns dem Abendhimmel ganz nah, halten inne und genießen den Ausklang eines wunderschönen Tages.

Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Mauer trug das Datum 1210. Weinbau wird hier seit dem Mittelalter betrieben. Die Bezeichnung Himmel deutet auf eine hochgelegene Fläche hin.

Geologie

Im Badenium (vor rund 16 bis 13,3 Millionen Jahren) hat sich der Untergrund der Weingärten aus den Kalkalpen gebildet. Die Böden bestehen vorwiegend aus Dolomit mit überaus hohen Kalkgehalten. Überlagert werden die Kalkalpen von Sedimenten flachmariner Ablagerungen – dem Muschelkalk. Im Dolomit befinden sich vor allem am Unterhang Einlagerungen von Mergel.

42% Weissburgunder

58% Wiener Gemischter Satz

Werfen Sie einen Blick ins Buch

Über die Wiener Traditionsweingüter gibt es noch vieles mehr zu erfahren. In diesem Buch werden sämtliche der oben genannten Lagen genau beschrieben. Ein Blick ins Buch lohnt sich!

Danksagung

Die Wiener Weinritter bedanken sich ganz herzlich bei ihrem Eidgenossen Judex Mag. Dr. Gerhard Gutschik, welcher an der Erstellung dieses Buches maßgeblich beteiligt war, sowie bei den Mitgliedern der Wiener Traditionsweingüter die uns die Veröffentlichung auf diesem Weg erlaubt haben.